„ARBEITEN AUF PAPIER“, Eröffnungsrede Dr. Anton Gugg, Kulturamt der Stadt Salzburg
Liebe Kunstfreunde,
es ist schwer, etwas Neues, Unerwartetes über eine schillernde Künstlerfigur wie Lucas Suppin hervorzuzaubern. Es ist alles gedruckt und gesagt worden in der musealen Großpräsentation des Salzburg Museum vor ein paar Jahren. Suppin, diese Paradegestalt in der immer dünner werdenden Kategorie „besondere Salzburger Stadterscheinungen“, hat eine sehr späte kunstgeschichtliche Nobilitierung in seiner Heimat erfahren. Mehr als zwanzig Jahre post mortem hat Salzburg gebraucht, um die aus dem Süden importierte „Fremdkörper-Kunst“ dieses europäischen Wanderers herauszuschälen aus dem Dunstkreis gewisser Abschätzigkeiten. Tatsächlich, Suppins Bildnerei glich einem ungewohnten, heißen, blendenden Sonnenstrahl in die vergleichsweise dumpfe lokale Kunstlandschaft, aus der schon Max Peiffer-Watenphul die Flucht über die Alpen angetreten hat.
Salzburg liebt das Fremde, das Andere nicht wirklich, so sehr auch die Stadt eine italienische Schöpfung sein mag und stets das Südländische als atmosphärische Besonderheit beschworen wird. Große Künstlernaturen haben es eigentlich nie sehr lange hier ausgehalten und Suppin war da keine Ausnahme. In der Kette von hier verwurzelten, abenteuerlustigen Malern war er der vielleicht freigeistigste und weltoffenste. Bewegung und Bewegtheit war alles für ihn und so ist es kein Zufall, dass er und Peter Handke, der übergroße Weltausschreiter, in Salzburg zusammengefunden haben zu langen Spaziergängen. Man braucht nicht erst den bekannten Widmungsbrief des Poeten zu zitieren, um die Zuneigung zweier mitten in den Dingen, aber auch über allen Dingen stehenden Former zu verstehen. Handkes einfach-komplizierte Wege und Umwege sind bekannt. Auch Suppins intime Pfade sind inzwischen offengelegt. Man weiß von seinem Eintauchen in die damals erlauchtesten Künstlerkreise in Paris und Provence. Die Klassiker der Moderne, der figurativen und abstrakten , waren sein amikaler Umgang und die osmotischen Folgen sind der Stoff, aus dem Salzburgs schönstes Nackkriegs-Kunstmärchen gemacht ist.
Keiner war so beschwingt entfesselter homo ludens mit allem, was das Material, was Farben, Leinwand und Papier hergeben, wie Lucas Suppin. Man konnte es ausführlich sehen im Salzburg Museum, man kann es, knapp vor Gedenkjahr-Schluss hier im Vogelhaus des Mirabellgartens nochmals genießen – diese ganz große Freiheit, ja Unbekümmertheit eines genialisch Treffsicheren im unsicheren, missverständliche Reich der Gesten. Was immer Suppin angefasst hat, und das war sehr sehr Vieles – es drückt einen nicht nieder mit Mysterium und dunkler, orakeliger Ahnung wie das bei vielen Abstrakten der Fall ist. Es hat Anmut, Grazie und gestalterische Intelligenz – es hat eben Esprit und das ist eine selten aufgerufene geistige Kategorie.
Lucas Suppin hat hier einen Hauch von Cote-Azur und Seine wehen lassen, damaliger Internationaler Kunstgeschmack vom Feinsten, aufbewahrt in einem Flacon individueller Gestimmtheit. Gefallen hat diese kreative Libertinage vielen, Geschäftleute und Institutionen schätzten Raffinesse und Deko-Effekt. Zu einer grundsätzlichen Neubewertung möge diese Ausstellung beitragen.
Selten sind Künstler so intim und echt, wenn sie sich Papier anvertrauen. Es ist ihr Tagebuch sozusagen. Blätter wir es behutsam durch.